Uff. Eigentlich hatte ich einen Besuch des Freifeld Festival 2015 für den 15. oder 16. August fest eingeplant. Nicht zuletzt, weil mich die Aufarbeitung der Geschichte des Klostergeländes Blankenburg am Stadtrand von Oldenburg interessiert hat, auf dem das Festival diesmal stattfinden sollte. Seit der Ankündigung des Ortes am 10. April hatte ich mich darauf gefreut. Darin hieß es:
Lange Zeit war das Kloster ein Ort der Ausgrenzung: Seit Ende des 18. Jahrhunderts diente es als Verwahranstalt für psychisch Kranke die als unheilbar krank galten. Im Zuge dieser „Verwahrung“ wurden Insassen misshandelt, zu Tode gehungert und während der NS-Zeit einer dezentralen Euthanasie zugeführt. Die Geschichte des Klosters als Psychiatrie für Langzeitpatient*innen fand erst 1988 ihr Ende. Fast nahtlos ging es mit der gesellschaftlichen Ausgrenzung von Menschen weiter. Ab 1992 wurden auf dem Gelände Geflüchtete untergebracht. Von Politik und Verwaltung euphemistisch als „Asylbewerberwohnheim“ bezeichnet, war es de facto ein Lager, mit allen damit verbunden Mechanismen: schlechte Ernährung, Zwang, Unterbringung von Menschen in Räumen ohne Privatsphäre, miserable hygienische Bedingungen.
[…] Freifeld sucht eine künstlerische und menschliche Auseinandersetzung mit den sozialen und politischen Realitäten und versteht Kultur, Freizeit und politisch-künstlerischen Anspruch nicht als Widerspruch, sondern gegenseitige Bedingung. Wir ffreuen uns auf das diesjährige Freifeld Festival als einen Ort des Erinnerns und des Feierns, der Reflektion und der Transformation, der Nachdenklichkeit und Ausgelassenheit, der Wahrnehmung und des Erlebens. Wir wollen diesen Ort der Ausgrenzung zu einem Ort der Gemeinschaft machen.
Nun muss ich aber heute lesen, dass das Festival abgesagt werden musste. Der derzeitige Besitzer befürchtete plötzlich ein „negatives Licht“ für sein Gelände und wollte zu massiv in das Festival-Programm eingreifen. In der Absage heißt es:
Im Mittelpunkt der Festivalvorbereitungen stand für uns nicht nur ein Festival mit Musik, Literatur, Theater, Ausstellungen, Workshops und Filmen zu organisieren, sondern auch einen sensiblen Umgang mit der Geschichte Blankenburgs zu finden und diese sichtbar zu machen. Geplant waren unter anderem Gespräche und Geländeführungen mit Zeitzeug*innen, interaktive und partizipative Formate, die eine selbstbestimmte Entdeckung des Geländes und seiner Geschichten ermöglichen, sowie Ausstellungen und Lesungen, die die Themen Psychiatrie und Flucht reflektieren.
[…] Der bewusste Umgang mit Geschichte bedeutet für uns, dass diese benannt und sichtbar gemacht werden muss. Wir denken, dass Blankenburg nur dann zu einem Ort werden kann, an dem Menschen gerne gemeinsam leben, wenn wir die Geschichte erinnern und bewegen. Wir wollten mit euch tanzen und feiern, wohl wissend, wo wir uns befinden.
Dieses Konzept des „mit euch tanzen und feiern, wohl wissend, wo wir uns befinden“ hatte mir schon im letzten Jahr gefallen, als der Veranstaltungsort noch die Kaserne Donnerschwee war (auch in Oldenburg). Ein paar (nicht repräsentative) Eindrücke zeigt mein Fotoalbum zu diesem Freifeld Festival 2014. Dass das Festival in Blankenburg nun nicht stattfinden kann, finde ich sehr sehr schade.