Die kürzest mögliche Anleitung zu Mastodon

Aufgabenstellung: Du kennst Twitter und willst herausfinden, was dieses „Mastodon“ ist, von dem Du gehört hast.

Lösung: Du googelst danach und findest sofort dies heraus: Die Mastodon gGmbH ist eine gemeinnützige Firma, die

Warte, klick jetzt nicht auf diese Links! Die sind egal, und das war jetzt auch nicht die im Titel versprochene „kürzest mögliche Anleitung zu Mastodon“. Lass mich erst nur noch einen Nachtrag machen:

Wenn Du Pech hast, hast Du beim googeln auch erfahren, dass es auch andere juristische Personen (Privatleute, Vereine, usw.) gibt, die

Tipp: Probier, wenn überhaupt, einfach irgendwas. Ich selber

  • habe bei dem oben genannten Dienst https://social.tchncs.de seit 10.04.2017 einen Account (zu Testzwecken)
  • benutze heute (damals hatte ich noch Android) alle drei der oben genannten iOS/iPadOS-Apps („Toot!“, „Metatext“ und „Mastodon“)
  • und habe bei dem Dienst https://mastodon.social seit 20.08.2018 einen Zweit-Account (auch nur zu Testzwecken)

Das war jetzt immer noch nicht die kurze Anleitung, denn Empfehlungen zu Dienst und App kann ich Dir überhaupt gar nicht geben. Ich finde nämlich alles blöd, was ich je gesehen habe, und es wurde in den letzten mehr als 5,5 Jahren auch nichts besser.

Was insbesondere kompletter Schwachsinn ist, ist das gesamte Konzept. Der gewählte Dienst liefert einem die Identität / den Handle (@user@dienst.irgendwas), die/der sich somit ändert, wenn man umzieht (den Dienst wechselt). Die Auswahl des Dienstes (genannt „Mastodon-Instanz“, wenn der Dienst die Mastodon-Software verwendet) sollte nach sowas wie versprochener Verfügbarkeit, Performance, Skalierbarkeit, Nachhaltigkeit, Support, dem Moderationskonzept und dem Finanzierungsmodell gehen, was man aber alles ja gar nicht beurteilen kann. Beworben werden Instanzen deshalb stattdessen oft nach Themen (!), um die es da schwerpunktmäßig angeblich gehen soll. Und in der Tat können manche ältere Apps (die offizielle aber nicht) auch anzeigen, welche Toots die User der Instanz insgesamt absetzen. Mit der oben genannten App Toot! kann man sogar in diese sog. „local timelines“ von beliebigen Instanzen reinschauen, ohne dort einen Account zu haben. Man kann in der App sozusagen Instanzen sammeln und durch sie hüpfen wie durch Chaträume im frühen Internet. Interagieren (boosten, liken, kommentieren, folgen, usw.) kann man mit den Toots / den Usern dort trotzdem. (Hierzu findest Du beim googeln das Schlagwort „Fediverse“.) Hat man in mehreren der Instanzen eigene Accounts, wird man von der App gefragt, als wer man jetzt interagieren möchte. Was man aber tatsächlich nirgends findet, sind diese angeblichen „Themen“.

Falls Du Dich jetzt fragst, ob Du das wirklich noch selber ausprobieren möchtest, und insbesondere, was das denn überhaupt mit Twitter zu tun habe: Die Antwort ist einfach: nichts. Das Wesen von Twitter ist seine Kulturkampfigkeit. In Deutschland sind da hauptsächlich Journalisten, Trolle und Nazis, und als kleiner User möchte man möglichst passiv teilnehmen, weil man zu jedem eigenen Tweet die Reaktionen fürchtet. Man folgt vielen riesengroßen Accounts und einigen kleinen hyperaktiven Spinnern, die uns mit ihren Impulskontrollschwächen ein Taschenuniversum erzeugen (diese beiden Wörter habe ich aus Wie Twitter sterben wird von Marcel Weiss geklaut). Ein Taschenuniversum, in dem wir uns bestätigt fühlen, was uns wiederum ein Gefühl von Relevanz verschafft, wie es auch der Konsum von Taskshows im Fernsehen tut. Wirkliche Reaktionen auf eigene Tweets gibt es bei Twitter aber seit Jahren nur noch von persönlich Bekannten. Und wenn man dann doch mal was schreibt, dann hauptsächlich, um sich über irgendwas zu empören. Diese Empörungskultur ist in die DNA von Twitter eingebaut.

Mastodon hingegen ist — wie ich es kürzlich über einen Mastodon-basierten Dienst ins Fediverse schrieb — „ein von Nerds beherrschtes und in deren Freizeit als Hobby betriebenes Gemurkse von Instanzbetrieb und Softwaregepansche“. Man kann auch gar nicht „im Fediverse sein“. Das Fediverse ist im wesentlichen nur ein Föderations-Protokoll (ActivityPub) für die Kommunikation zwischen den Diensten. Oder wie Michael Seemann es formuliert: „mastodon ist halt nur struktur und keine öffentlichkeit.“. Das ganze Fediverse ist nur Struktur. Und damit ist nicht gemeint, dass es nur noch nicht besiedelt ist. Nein, der gesamte Möglichkeitsraum ist nahezu leer und wird es auch bleiben. Eine solche Art von Dezentralität kann grundsätzlich nicht funktionieren. Nicht bei Social Media. (Außer vielleicht, man will selbst einen Dienst im Fediverse betreiben. Dann freut man sich natürlich, dass es Software dafür gibt.)

Nun gut. Dennoch hier nun also wirklich endlich die „kürzest mögliche Anleitung zu Mastodon“: Probier es ggf. einfach aus (um das tun zu können, weißt Du schon mehr, als Du wissen musst), aber erwarte nix. Denn da ist nix. Ich selber mache seit mehr als 5,5 Jahren immer wieder — wie ich es ebenfalls kürzlich im gleichen Mastodon-Thread schrieb — „vorbehaltlose Experimente mit der sich verändernden User Experience (neue Apps mit anderen Use Cases) und dem, was das alles inhaltlich (diese verstreuten Belanglosigkeiten und ihre ewige Sinnlosigkeit) mit mir macht“. Aber es macht mir immer nur Frust. „Im Grunde verschwenden wir hier alle nur unsere Zeit.“ schrieb ich dort auch noch. Das bringt es auf den Punkt.

Andere machen natürlich andere Erfahrungen. Und andere schreiben auch bessere Anleitungen. Vielleicht musst Du also ggf. doch nochmal googeln. Vielleicht aber auch besser nicht.

Über York

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Eine Antwort zu Die kürzest mögliche Anleitung zu Mastodon

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